Werner Geissler-Werry

Trickerfinder

 

 

 

 

Deutscher Zauberkünstler, Trickgerätefabrikant und Herausgeber

1925 - 2000

Als der junge Werner 1945 aus dem Krieg heimkehrt, kann er wegen eines Kriegsleidens seinen erlernten Beruf als Ofenbauer nicht weiter ausüben. Er erinnert sich an die Worte seines Lehrers „Werner, wenn es Dir einmal schlecht gehen sollte, kannst Du Dir immer mit Zauberei Dein Geld verdienen“ und er beschließt, diesem Ratschlag zu folgen. Zusammen mit seinem Freund Theodor Wolf-Torry wird 1948 die Firma Werry & Torry Zauberkunst aus der Taufe gehoben; die Gründer träumen von Millionenumsätzen. Als sich diese nicht einstellen, steigt Torry 1954 wieder aus und wechselt in die Lebensmittelbrache, wo sich solches tatsächlich eher realisieren lässt. Unbeirrt setzt Werry  den Aufbau seiner Zauberfirma weiter fort. Als Autodidakt eignet er sich ein gewaltiges Fachwissen und die erforderlichen Fähigkeiten auf allen für seine Trickproduktion und Verlagsarbeit relevanten Gebieten an, er ist Dreher und Drucker, Chemiker und Physiker, Maschinen-Techniker und -Konstrukteur, Forscher, Autor und noch vieles andere mehr, doch in erster Linie ist Werry ein Trickerfinder.

 

Er erfindet weit über einhundert Kunststücke, die er wie auch viele andere Zauberartikel in Klein- und Großserien produziert. Werrys Trickideen entstehen auf zwei Wegen. Zum einen sieht er vor seinem geistigen Auge einen Effekt und überlegt, wie er diesen technisch realisieren kann. Zum anderen, und das ist bei Werry die häufigere Vorgehensweise, stößt er auf ein beispielsweise physikalisches Phänomen oder auf irgendeinen Gegenstand und überlegt, wie er daraus einen Trick machen kann. So entstammen die vielen Kunststücke mit Coca-Cola Flaschen dem glücklichen Umstand, dass Coca Cola um 1960 Halbflaschen als Schaufensterdekoration produzieren lässt und Werry die Werbeabteilung von Coca Cola davon überzeugen kann, ihm einen Teil davon zur Verfügung zu stellen.

 

Ein andermal erwirbt Werry einen gebrauchten Spritzgussautomaten, zu dem u. a. auch ein Werkzeug gehört, mit dem ein Teil, das einer kleinen 9 ähnelt, produziert werden kann. Der Verkäufer kann Werry allerdings nicht sagen, wofür dieses Teil ursprünglich eingesetzt wurde. – In etlichen Zaubergeräten, die Werry ab diesem Zeitpunkt herstellt, findet sich als ein Bauteil eine kleine 9, zum Beispiel als Halterung für den Gummizug im „Traumeffekt“. Und es gibt sogar ein eigenes Kunststück mit diesen 9en: „Verrückt“.

 

Werry legt Wert darauf, dass er im Unterschied zu seinen Mitbewerbern mit Halb- und Vollautomaten produziert und deshalb seine Firma als Fabrik bezeichnen kann. Für die serienmäßige Trickproduktion spezialisiert er sich auf die Verarbeitung von Kunststoff. Als ein Glücksfall erweist sich die Freundschaft mit dem kongenialen Edwin Hooper, dessen Firma Supreme Magic in England auf dem Weg ist, sich zur größten Zaubergerätefirma der Welt zu entwickeln. Viele Kunststücke von Supreme, die aus Holz oder Metall gefertigt werden, bringt Werry in einer Kunststoffversion auf den Markt. Supreme wird zu Werrys Großabnehmer und öffnet ihm den angloamerikanischen Markt. Werry beliefert nahezu alle Zaubergerätehändler im deutschsprachigen Bereich und stößt hier auf die Position des Marktführers vor.

 

Dieser Erfolg ist hart erarbeitet und geht letztlich auch zu Lasten der Gesundheit. Und Erfolg zieht Nachahmer an, die Werry als „Kopistenmafia“ tituliert, deren Treiben er aber ansonsten machtlos zusehen muss, was ihn sehr verletzt. Eher amüsiert zeigt er sich über Kritik an seinen Kreationen, wie bspw.: „... das sind Tricks, die nur Werry selbst vorführen kann ...“ oder „... nur er habe so große Hände, und könnte selbst Teller palmieren ...“.  Als außerordentlich gelungen empfindet er das Bonmot von Joro, der bei einem Zauberkongress anlässlich der gerade geschlossenen Ehe von Werry mit Inge ausruft: „Wisst Ihr was Leute, Werry hat geheiratet – und seine Frau – die ist gar nicht aus Plastik!“

 

Der jahrzehntelange Raubbau an seiner Gesundheit fordert seinen Tribut. Werry darf nicht mehr schwer heben und seine Sehkraft lässt nach. Und er teilt das Schicksal mit anderen Großen in der Zauberbranche, es findet sich kein Nachfolger für die Gesamtfirma. Bis zu seinem Tod gelingt es ihm, zwei von vier Unternehmensteilen zu verkaufen, nach seinem Ableben gehen die beiden anderen Teile in zwei weitere Hände über. Den vitalsten Teil davon halten Sie gerade in Ihrer eigenen Hand!

 

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Quelle: Wittus Witt: Werry - Ein Leben rund um die "Magische Welt"