Helmut Schreiber - Kalanag

 Janusköpfiger Zaubermeister

 

 

 

 

Deutscher Filmschaffender und Zauberkünstler

1903 - 1963

Als sich Helmut Schreiber in den 1920er Jahren den Künsternamen Kalanag gibt, ahnt er wahrscheinlich nicht, dass dieser einmal für ihn selbst eine metaphorische Bedeutung gewinnen könnte. Kalanag ist der Name eines weisen, alten Elefanten in Rudyard Kiplings „Dschungelbuch“, der seiner Regierung fleißig und treu dient in allem, wozu ein Elefant verwandt werden kann und so zum besten und beliebtesten Elefanten im Dienste der indischen Regierung wird. Mit dem Namen Kala Nag hat sich Helmut Schreiber nicht nur den Namen des arbeitssamen Elefanten gegeben, sondern auch den der ‚Schwarzen Schlange‘, denn so lautet die deutsche Übersetzung von Kala Nag.

 

Die eindrucksvolle Karriere von Helmut Schreiber-Kalanag verläuft in zwei Phasen. Vor dem zweiten Weltkrieg arbeitet Schreiber bei verschiedenen Filmgesellschaften, wird Direktor bei der Tobis, der zweitgrößten deutschen Filmproduktions-gesellschaft, später wechselt er zur Bavaria nach München. Seine Leidenschaft gehört der Zauberkunst, die er seit seiner Jugend intensiv betreibt und die ihm auch die Türen zu den Mächtigen dieser Jahre öffnet. 1936 wird er zum Präsidenten des Magischen Zirkels von Deutschland ernannt. Er stellt auch hier sein Organisationstalent und seinen Ideenreichtum unter Beweis und verschafft dem Zirkel und seiner Fachzeitschrift Weltgeltung.

 

Nach dem Krieg erhält Helmut Schreiber von den alliierten Siegermächten Berufsverbot und wird als Präsident des Magischen Zirkels abgesetzt. Nun macht er sein bisheriges Hobby zum Erwerbsberuf und startet 1947 eine zweite Karriere als Zauberkünstler. Diese verläuft kometenhaft und führt ihn zu so sensationellen Erfolgen, wie es in den 1950er Jahren weltweit keinem Zweiten gelingt. Er stellt die zu dieser Zeit modernste und farbenprächtigste Zaubershow auf die Beine: voller Tanz und mitreißender Musik, prickelndem Esprit, knisternder Erotik und absolut fantastischen Illusionen  und begeistert damit ein Millionenpublikum rund um den Globus. Er wird berühmt, kommt ins noch junge Fernsehen und plant seine Karriere bei dem neuen Medium fortzusetzen, was allerdings scheitert. Seine Ehe mit Gloria, dem weiblichen Star seiner Show, wird geschieden. Helmut Schreiber erkrankt und stirbt im Alter von 60 Jahren am Heiligabend 1963. Sein Ruhm als großartiger Zauberkünstler und Entertainer hallt aber noch lange nach und verleiht ihm – zumindest in der Zauberbranche – Unsterblichkeit.

 

Doch es legen sich auch dunkle Schatten auf sein Bild.

 

Eine Persönlichkeit mit den Talenten und Fähigkeiten eines Helmut Schreiber hat alle Voraussetzungen für eine glanzvolle Karriere. In den Jahren der Nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ist eine solche aber nur im Einklang mit den Machthabern möglich. Helmut Schreiber wird zu deren Erfüllungsgehilfen, er macht den Magischen Zirkel „judenfrei“ und dient dem Regime fleißig und treu in allem, wozu ein Zaubermeister verwandt werden kann und wird so zum besten und beliebtesten Zauberkünstler im Dienste der Nazis.

 

Und wenn wir in der einschlägigen Fachliteratur nachlesen, erfahren wir zudem, dass die ‚Schwarze Schlange‘ Kala Nag als reizbar, ungeheuer gerissen, schlau, raffiniert und trügerisch charakterisiert wird. Sie gilt als einsatzfreudig und immer in ihre Arbeit vertieft, sehr genau und ausdauernd und sie kann extrem aggressiv werden.

 

Und auch diese Charakterzüge finden sich in der Person Helmut Schreibers wieder: Auf Kritiker und Konkurrenten reagiert er reizbar und extrem aggressiv und droht auch schon mal mit der Gestapo. Ungeheuer gerissen, schlau, raffiniert und trügerisch vermehrt er sein persönliches Vermögen und schafft damit die Voraussetzung für seine Nachkriegskarriere.

 

Quellen:  Persönlichkeiten in der Zauberkunst 3: Kalanag