Guiseppe Pinetti
Der die Zauberkunst ins Theater holt
Italienischer Zauberkünstler
1750 - 1803
Sieben Jahre nach dem Helden unserer vorangegangenen Ausgabe, Guiseppe Balsamo/Graf von Cagliostro wird ihm in der Toskana ein Namensvetter geboren. Beide Guiseppes verbinden
gemeinsame Eigenschaften wie Intelligenz, Phantasie, Charme und die Fähigkeit, ihre Mitmenschen zu täuschen. Balsamo/Caglisotro nutzt seine Talente dazu, seine Zeitgenossen auszunehmen,
Pinetti allerdings entscheidet sich dafür, diese zu unterhalten.
Während die Zauberkünstler seiner Zeit auf den Straßen, Plätzen und Jahrmärkten mit Requisiten aus Holz und Blech auftreten, präsentiert Pinetti sich wie ein König gekleidet mit goldenen und
silbernen Requisiten auf den prachtvoll ausgestatteten Bühnen erstklassiger Theater. Er schmückt sich mit bombastischen Titeln und behauptet, Experimente der Physik zu zeigen.
Und er ist ein Meister der Werbung. So kündigt er einmal an, dass er in seiner Vorstellung einen Zuschauer verspeisen werde - roh und lebendig. Die Vorstellung ist ausverkauft und das Theater
vibriert, als er von der Bühne tritt und ins Publikum schreitet. Er begutachtet seine Zuschauer und bleibt vor einem jungen Mann stehen, der im selben Augenblick zutiefst bereut, das
Eintrittsgeld entrichtet zu haben. Pinetti macht Anstalten, ihn zu verschlingen und beißt zu. Da springt sein Opfer schreiend auf und rennt panisch aus dem Theatersaal, während
Pinetti achselzuckend konstatiert: „Wenn er mir wegrennt, kann ich mein Versprechen leider nicht halten ...“
Pinetti bereist ganz Europa und fasziniert ein begeistertes Publikum. In Paris ist die Vorstellung auf Wochen im voraus ausverkauft. Pinetti selbst ist ein gern gesehener und bewunderter
Gast in den vornehmen Pariser Kreisen und König Ludwig XVI. gratuliert ihm sogar persönlich.
Doch nicht jeder zeigt sich so uneingeschränkt begeistert. So stört sich zum Beispiel ein anderer König, Preußens Friedrich II. - „Der alte Fritz“ daran, dass Pinettis
Kutsche prachtvoller ausgestattet ist als seine eigene und verweist ihn deshalb kurzerhand des Landes.
Und in Frankreich macht sich der Professor und Amateurzauberer Henry Decremps daran, Pinettis physikalische Wunder als das zu enthüllen, was sie in der Tat sind: Zaubertricks.
Er verfasst ein Buch, in dem die Tricktechniken erklärt werden, welches rasch ein Bestseller wird, mit der Folge, dass die Besucherzahlen bei Pinettis Vorstellungen drastisch
zurückgehen. Pinetti setzt sich zur Wehr, heuert einen schäbig aussehenden Bediensteten an, der sich in seinen Vorstellungen als Decremps ausgibt und als Zielscheibe für
Pinettis Spott dient. Doch der Schaden ist nicht wieder gutzumachen. Die Enttäuschung des Publikums, das Wunder erleben will und erfahren muss, dass diese mittels Fäden, unsichtbaren
Drähten und geheimen Gehilfen bewerkstelligt werden, ist einfach zu groß. Pinetti zieht daraus die Konsequenz und verbringt die Jahre 1784 und 1785 in London.
In den nächsten Jahren folgen als weitere Stationen noch einmal Frankreich, dann Russland, Portugal, Italien, Deutschland und wieder Italien. Zuletzt lebt er in Russland, wo er sein Vermögen in
die Ballonfahrt investiert und dabei verliert. Verarmt wird er von einem ukrainischen Adeligen aufgenommen, aber schon bald erliegt er einer heimtückischen Krankheit.
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Quelle: Angel Idigoras Adventures of 51 magicians and a fakir