Wiljalba Frikell

Der erste moderne Zauberkünstler

 

 

 

 

Deutscher Zauberkünstler

1817 - 1903

Fest steht, dass Friedrich Wilhelm Frikell in dem Städtchen Sagan in Schlesien geboren wird und in Kötschenbroda bei Dresden verstirbt. In den dazwischenliegenden 86 Jahren absolviert er eine atemberaubende Karriere als Zauberkünstler, bereist dabei die halbe Welt, tritt vor deren gekrönten Häuptern auf und sammelt dabei Ehrungen und Titel, wie andere Leute Briefmarken.

 

Und er revolutioniert das bis dahin gängige Bild des Zauberkünstlers, der in phantasievoller Kleidung auf einer mit Requisiten und Schaustücken überbordenden Bühne steht: Friedrich Wilhelm tritt im eleganten Abendanzug auf leerer Bühne auf und entleiht sich seine Requisiten vom Publikum. ‑ Doch halt, eines nach dem anderen, er tritt ja gar nicht unter seinem Geburtsnamen auf, sondern hat sich den - im wahrsten Sinne des Wortes - merkwürdigen Vornamen Wiljalba zugelegt. Und das kommt so: Mit 19 Jahren lernt er bei einem Auftritt in Marienbad den griechischen König Otto aus dem Hause Wittelsbach kennen. Der läd ihn nach Athen ein und ernennt ihn zum Hofzauberkünstler, was nicht nur als eine Ehre, sondern auch als eine damals in diesen Kreisen übliche Art der Bezahlung zu verstehen ist. Friedrich Wilhelm ist von der griechischen Lebensart wittelsbachscher Prägung so angetan, dass er sich in landestypische Tracht kleidet, den griechisch-orthodoxen Glauben annimmt und seinen Vornamen ins Griechische übersetzt. Da es jedoch keine griechische Übersetzung seines Namens gibt, erfindet er eine: Wiljalba, als griechische Ableitung von Wilhelm.

 

Inwieweit die sich an die griechische Periode anschließenden Tourneen durch den Orient tatsächlich stattfinden oder ebenfalls Wiljalbas Einfallsreichtum entspringen, ist bisher noch nicht eindeutig geklärt.

 

Sicher ist allerdings, dass er 1842 wieder in Deutschland ist und beim großen Brand in Hamburg alle seine Requisiten verliert, was für manchen anderen Zauberkünstler den Ruin bedeuten würde. Not macht erfinderisch und Wiljalba macht daraus im besten sprichwörtlichen Sinne eine Tugend: Er tritt im Frack auf leerer Bühne und ohne große Requisiten auf. Seine Eloquenz und seine manipulativen Fertigkeiten machen den Verlust mehr als wett, seine Persönlichkeit kommt voll zur Geltung und gewinnt die Herzen des Publikums. Aus der Not heraus geboren wird so der moderne Zauberkünstler, der im sogenannten „Frikell-Stil“ auftritt.

 

1851 geht Wiljalba Frikell nach England. Vorher muss er auch in Russland gewesen sein, denn er nennt sich nun Professor und Leibarzt der russischen Zarenfamilie. Wobei man bezweifeln mag, ob ein Zar wirklich dabei so gut beraten ist, einen reisenden Zauberkünstler ohne medizinische Ausbildung zum Leibarzt seiner Familie zu machen. Aber vielleicht ist das bei Zaren so - wenn man z.B. bedenkt, dass einer seiner Nachfolger, wenige Jahrzehnte später den Wunderheiler Rasputin in eine ähnliche Position erhebt.

 

Mit 44 Jahren hat Wiljalba soviel verdient, dass er sich 1861 zur Ruhe setzt. Doch einige Jahre später ist er wieder auf Tour, diesmal in den USA. Es bezeichnet sich nun als promovierten Doktor und als vom russischen Zaren ernannten Professor. Er ist außerordentlich erfolgreich, was viele Nachahmer auf den Plan bringt, deren unverfrorenste sich auch gerne seines Namens bedienen, unter diesem auftreten und sogar Bücher verfassen.

 

Als wohlhabender Mann setzt sich Wiljalba in den 1880er Jahren erneut zur Ruhe.

 

1903 bittet ein aufstrebender Zauberkünstler namens Harry Houdini darum, dem Altmeister seine Aufwartung machen zu dürfen. Wiljalba sagt zu, poliert seine Orden und Ehrenzeichen, legt seinen besten Anzug an, setzt sich in seinen Sessel und erwartet den Besucher. Doch bevor Houdini eintrifft, kommt überraschend der Sensenmann vorbei und nimmt Wiljalba mit sich ...

Kann es für einen Zauberkünstler einen schöneren Tod geben: in Erwartung von Harry Houdini fein gekleidet im Sessel sitzend? ‑  Ich glaube: nein!

 

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Quelle: Persönlichkeiten in der Zauberkunst 13 - Wiljalba Frikell