Alessandro Graf von Cagliostro

Der Geheimnisvolle

 

 

 

 

Italienischer Täuschungskünstler

1743 - 1795

Es ist die Epoche der europäischen Aufklärung, die große Zeit der Voltaires, Kants, Humes ...
– getragen von der Vorstellung, dass sich die Menschen durch Denken als Mittel der Vernunft von Vorurteilen und Aberglauben befreien ließen – als Giuseppe Balsamo als Sohn eines Bankrotteurs im Armenviertel von Palermo das Licht der Welt erblickt.

Einige Jahre später betritt eine schillernde Persönlichkeit die europäische Bühne und wird in den besten Kreises des im Abgang befindlichen Hochadels wie auch des aufstrebenden Bürgertums freundlich empfangen: Graf Cagliostro in Begleitung seiner ebenso schönen wie skrupellosen Frau Lorenza Feliciani, der Gräfin Serafina di Cagliostro. Das Paar bereist die europäischen Metropolen und Cagliostro gründet dort in seiner Funktion als „Groß-Cophta“ neue freimaurerische Logen nach dem von ihm erfundenen „ägyptischen Ritus“.

Die Cagliostros mixen Universaltinkturen, verkaufen Liebestränke und Jugendelixiere, spüren verborgene Schätze auf, kochen Gold, schmieden Diamanten und sagen die Gewinnzahlen der Lotterie voraus. Für illustre Kreise aus der vornehmsten Gesellschaft halten sie Seancen ab und nehmen Kontakt mit dem Jenseits auf. Manchmal passieren dabei aber auch noch ganz andere überraschende Dinge. So, zum Beispiel, schwebt zu Beginn Cagliostro im Adamskostüm von der Decke herab und am Ende der Veranstaltung lassen auch alle ihre Gäste auf Befehl Serafinas die Hüllen fallen ...


Cagliostro schlüpft in die Rolle des Alchemisten, Magiers, Propheten, Heilers und Wundertäters und spielt sie so überzeugend, dass er überall eine große Anzahl an fanatischen Gläubigen – Schriftstellern, Gelehrten, Hof- und Kirchenleuten und vor allem Damen – um sich versammeln kann.

Cagliostro ist die Inkarnation eines Hochstaplers. Sein wichtigstes Kapital ist die Leichtgläubigkeit und die Gier seiner Mitmenschen. Für die meisten Menschen überwiegt die Vertrautheit der heimeligen Unmündigkeit bei weitem die Anziehungskraft der als trostlos empfundenen Verheißungen der Aufklärer. – Wer den Menschen ihre Illusionen nehmen will, stößt auf Ablehnung. Doch wer ihre Hoffnungen stärkt, kann mit Zustimmung rechnen, und wer ihnen Wunder verspricht, darf hörige Gefolgschaft erwarten. Und genau so agiert Cagliostro: Er verspricht Wunder und überbrückt die Zeit bis zu deren Eintreten mit kleineren, aber dafür sorgfältig inszenierten Sensationen. Zur Erzeugung seiner Wundertaten bedient er sich großzügig aus der Trickkiste der Taschenspieler, nutzt eingeweihte Helfer und greift zu den Finessen der Wahrsager und Hellseher. Und er umgibt sich mit der Aura des Geheimnisvollen,  über dessen Herkunft ein dunkles Mysterium liegt.

Mit den Jahren wächst nicht nur die Anzahl der Betrogenen und Düpierten und ebenso die der gläubigen Anhängerschaft, sondern auch die Schar der erbitterten Gegner, zu denen unter anderen auch Goethe gehört, und die bemüht sind, das Treiben Cagliostros aufzuklären und ihn als das zu entlarven, was er ist: ein Schwindler.

Schließlich hat Cagliostro den Bogen überspannt. Die Gazetten, immer auf der Suche nach auflagestärkenden Sensationen, hatten jahrelang seine Wundertaten verbreitet und seinen Ruhm vermehrt. Als jetzt sein Stern am Sinken ist, entlarven sie ihn öffentlich und lauthals als Betrüger. Cagliostro flieht vor diesen Schlagzeilen und der Wut der Genarrten von einer Stadt in die nächste, um schließlich nach Rom zu gelangen.

Dort wird er geradewegs von der Heiligen Inquisition verhaftet. Dank deren verfeinerter Methoden der Befragung gesteht Cagliostro alles, was man von ihm hören will: Er enthüllt das Geheimnis seiner Geburt (Guiseppe Balsamo aus Palermo), offenbart die Hintergründe seiner Scharlatanerien und benennt die „wahren“ Hintermänner der gerade alle Welt erschütternden Französischen Revolution. Es verhält sich nach Balsamos Bekenntnis also „tatsächlich“ genauso, wie man in Rom schon die ganze Zeit ahnte: Sekten und Geheimbünde, vor allem Jesuiten und Freimaurer tragen die Schuld an der Revolution in Frankreich und den Unruhen im übrigen Europa. Sein „freimütiges“ Geständnis rettet Balsamo den Kopf. Er wird wegen Ketzerei, Zauberei und Freimauerei auf ewige Gefangenschaft verurteilt, in der er wenige Jahre darauf stirbt.

Balsamos/Cagliostros erstaunliche Lebensgeschichte sorgt für seinen anhaltenden Nachruhm. Sein Wirken findet Eingang in die Weltliteratur, in Oper und Operette und wird unzählige Male verfilmt. Noch heute wird der von ihm erfundene „ägyptische Ritus“ praktiziert und in verschwörungstheoretischen Kreisen dient er als beliebter Zeitzeuge für dies und jenes geheimnisvolle Geschehen.

 

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Quellen: Angel Idigoras Adventures of 51 magicians and a fakir

                Gregor Eisenhauer Scharlatane

                 Rainer Schmitz Schwärmer-Schwindler-Scharlatane