P.T. Selbit

Teile und herrsche  

 

 

 

Britischer Zauberkünstler

1881 ‑ 1938

Ein Irrtum, der in der Geschichte der Zauberkunst immer wieder vorkommt, liegt darin, dass man Selbit das Verdienst zuschreibt, als erster eine Person zerteilt zu haben. Dabei wird leider übersehen, dass dies eigentlich einerseits gar kein Verdienst ist und dass andererseits lange vor Selbit bereits solchen Charakteren wie Attila, Caligula, Dschingis Khan u.v.a.m. ein solcher Umgang mit ihren Mitmenschen nachgesagt wurde. 

 

Selbits Einmaligkeit liegt also nicht im Zerteilen, sondern vielmehr darin, dass er derart malträtierte Personen wieder zusammenfügte, ohne dass die Spur eines Schadens bei diesen zurückblieb.

 

Percy Thomas Tibbles wird im vornehmen Londoner Stadtteil Hampstead geboren. Er macht eine Lehre als Silberschmied und lernt dabei den Zauberkünstler und Erfinder Charles Morritt, der im gleichen Haus seine Werkstatt unterhält, kennen. Dabei springt der Zaubervirus auf ihn über, und der junge Percy Thomas sieht vor seinem geistigen Auge neuartige sensationelle Bühnenillusionen, ein begeistertes Publikum und mittendrin den umjubelten Zauberkünstler Selbit. Denn Selbit ist ab jetzt sein Künstlername, unter dem er tatsächlich berühmt werden wird. Selbit ist sein rückwärts gelesener Nachname unter Weglassung des zweiten „b‘s“, welches sowieso niemand braucht.

 

Keiner, der auf Londons Straßen diesem freundlichen, hochgewachsenen und eleganten jungen Mann begegnet, ahnt, dass hinter dessen Stirn schreckenserregende Maschinen in Gang gesetzt werden, die junge Damen allen nur erdenklichen Torturen aussetzen. 

 

Doch zunächst startet Selbit seine Karriere, wie es sich für junge Zauberkünstler geziemt, als Manipulator. Schon bald heuert er bei unseren Freunden Nr. 6 und Nr. 21 John Nevil Maskelyne und David Devant an, den führenden Illusionisten dieser Zeit an. Sie sind die Betreiber der Walfahrtsstätten für alle Zauberbegeisterten, der Egyptian Hall und der St. George‘s Hall. Selbit steht damit im Zentrum der internationalen Zauberkunst des beginnenden 20. Jahrhunderts. 1914 zeigt Selbit erstmals und mit großem Erfolg die Illusion „Der Gang durch eine Mauer“ in der St. George´s Hall. Viele weitere absolut neuartige Großillusionen sollten folgen. 

 

Doch der Triumph seines Schaffens gebührt dem „Zersägen einer Dame“, wobei letztere am Schluss, wie bereits erwähnt, vollständig restauriert und ohne ein gekrümmtes Haar auf der Bühne steht und ins Publikum lächelt. Diese Illusion begründet Selbits Weltruhm, wobei er allerdings auch die schmerzliche Erfahrung machen muss, dass Erfolg Nachahmer anzieht, gegen die man sich nur schwer zur Wehr setzen kann. Nach verlorenem Prozess gegen den Ideenräuber Horace Goldin versucht Selbit, ganz neue Ideen zu verwirklichen. Und er schafft neben vielen Illusionen, die noch heute das Programm bekannter Zauberkünstler schmücken, auch so ungewöhnliche Kreationen wie beispielsweise den „Mächtigen Käse“. Dies ist eine gewaltige Konstruktion aus Metall, die auch von einem halben Dutzend Zuschauer nicht gebändigt werden kann, wenn sie springend und sich um sich selbst drehend über die Bühne rennt. Ungläubiges Staunen ruft auch Selbits Versuch hervor, das Ungeheuer von Loch Ness verschwinden zu lassen. Alles steht dafür bereit, jedoch das Ungeheuer selbst tritt nicht in Erscheinung, und ein Ungeheuer, das nicht erscheint, kann man auch nicht verschwinden lassen, selbst wenn man der berühmte Selbit ist.

 

Selbit prägt bei seinen Auftritten einen neuen modernen Vorführstil und teilt damit wiederum, diesmal die Zeit – in eine Epoche vor Selbit und in das Zeitalter nach Selbit.

 

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Quelle: Angel Idigoras Adventures of 51 magicians and a fakir